Pommersche Bibliotheken, Archive usw.
(für Genealogen und Ortsgeschichtsforscher)
© 8.2000 Klaus-Dieter Kreplin

Monatsblätter der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde
Archivsonderheft
52.Jg.1938 Nr.4


Dieses Heft der "Monatsblätter" gibt eine Übersicht über die Bestände des ehemaligen pommerschen Provinzialarchivs in Stettin.  Heute sind die erhaltenen Bestände aufgeteilt auf das Vorpommersche Landesarchiv in Greifswald und die polnischen Staatsarchive (Archiwum panstwowe) in Stettin und Köslin (mit der Zweigstelle Stolp), ein geringer Teil den Kreis Lauenburg betreffend befindet sich im AP in Danzig.

Dieser Wiederabdruck kann auch als eine Einführung zur im Druck befindlichen Veröffentlichung von I. Wartenberg verstanden werden, die die heutigen Archivbestände zu Pommern in  deutschen und polnischen Archivemn beschreibt.




Genealogische Sammlungen im Staatsarchiv Stettin.
Von Franz Engel, Stettin.
(Monatsblätter der Ges.f.pomm.Geschichte und Altertumskunde, 52.Jg.1938 Nr.4, S.102-107)


Eine Fundgrube sippenkundlicher Nachrichten bilden die von Heimat- und Familienforschern aufgestellten genealogischen Sammlungen, die meist als Nachlässe in das Staatsarchiv gelangt sind, ist hier doch das genealogische Material, was sonst erst in mühsamer Kleinarbeit aus Kirchenbüchern und Akten herausgesucht werden muß, in übersichtlicher Form familienweise zusammengestellt. Nur von diesen genealogischen Bearbeitungen, nicht aber von solchen Aktenbeständen des Staatsarchivs, die lediglich nach Familiennamen geordnet oder registermäßig erschlossen sind, soll im folgenden die Rede sein.

Zwischen genealogischen Sammlungen von Privatleuten und staatlichen Akten, die den Hauptbestand der Staatsarchive bilden, besteht ein grundsätzlicher Unterschied. Während diese, im Geschäftsgang der Behörden erwachsen, rein staatlichen Belangen dienten und daher nur gelegentlich genealogische Nachrichten enthalten, sind jene ausdrücklich zu familienkundlichen Zwecken zusammengetragen worden. Im Gegensatz zu den Behördenakten, die in registraturmäßigem Zusammenhang in das Staatsarchiv gelangt sind und als amtliches Quellenmaterial juristische Glaubwürdigkeit beanspruchen können, müssen genealogische Sammlungen als Quellen zweiter Ordnung angesprochen werden, da sie ja erst nachträglich auf Grund amtlicher Quellen wie Kirchenbüchern und Akten zusammengestellt wurden.

An diesem Verhältnis wird auch nichts durch die Tatsache geändert, daß selbst Behördenakten keineswegs frei von Irrtümern und Ungenauigkeiten betreffs Personenstand, Familienverhältnissen usw. Sind, während andererseits in genealogischen Sammlungen durch die kritisch sichtende Bearbeitung der Familienforscher viele Fehler ausgemerzt werden konnten. Es sind aber nicht so sehr die Glaubwürdigkeit und Richtigkeit der einzelnen Daten, die den Wert sippenkundlicher Bearbeitungen ausmachen, als vielmehr die Zusammenstellung und Häufung zahlreicher Nachrichten über bestimmte Familien. Dadurch läßt sich, wie in einem Längsschnitt, durch größere Zeiträume die Geschichte einzelner Geschlechter mit leichter Mühe verfolgen, während die Behördenakten fast stets nur Querschnitte durch die Familiengeschichte und einzelne Festpunkte zu geben vermögen.

Eine Ausnahme bilden in gewisser Hinsicht die Spezialakten der Lehnsarchive, da hier die Abschriften von Lehnbriefen, Nachrichten über ältere Belehnungen usw. familienweise geordnet zu werden pflegten und dadurch eine Art amtlicher genealogischer Sammlung entstanden ist. Jedoch auch hier ist nicht die Zusammenstellung sippenkundlichen Materials als vielmehr der Nachweis rechtmäßigen Besitzes der einzelnen Lehngüter der Hauptzweck der Aktenführung.

Der größte Teil der genealogischen Sammlungen ist aus Nachlässen von Heimat- und Familienforschern in das Staatsarchiv gelangt. Manche Nachlässe wurden dem Staatsarchiv durch die früheren Besitzer testamentarisch vermacht, andere von den Erben oder auf öffentlichen Auktionen durch Ankauf erworben und wieder andere, die sich noch heute in Privatbesitz befinden, sind auf Grund eines Depositalvertrages dem Archiv als Leihgabe zur Aufbewahrung und Sicherstellung übergeben worden.

Nicht alle im Staatsarchiv aufbewahrten familienkundlichen Sammlungen sind als geschlossene Bestände dorthin gelangt. Dadurch wird es auch erklärlich, daß mehrfach Nachlässe ein und desselben Forschers in verschiedenen Reposituren des Archivs zu suchen sind. So befindet sich z.B. ein Teil des Wachseschen Nachlasses in der Aktenablieferung des Kreisausschusses Köslin (Rep. 66), ein anderer ist vom Kreisausschuß Kolberg - Körlin im Staatsarchiv deponiert (Rep. 38 Hs.), während ein dritter Teil, der allerdings kein genealogisches Material enthält, in der Handschriftenabteilung (Rep. 40) aufgestellt ist. Dadurch, daß Staatsminister von Köller dem Archiv einen Teil seiner Sammlungen in den Jahren 1911/19 schenkte, wird dieser in Rep. 40 V, die Hauptmasse seiner Sammlung dagegen als Nachlaß in Rep. 42 aufbewahrt. Einige Bestände der Steinbrückschen Sammlungen sind in der Handschriftenabteilung Rep. 40 aufgestellt, andere als Eigentum der Ges. Für pomm. Gesch. Und Altertumskunde in der Rep. 38 f deponiert und wieder andere durch den Freiherrn von Bohlen angekauft und mit dessen Nachlaß ins Staatsarchiv gelangt (Rep. 41).

Als aufschlußreiches Beispiel für die Bildung genealogischer Sammlungen aus den Resten älterer familiengeschichtlicher Nachlässe u.a.m. sei im folgenden die Geschichte der Bohlenschen Sammlung von ihren Anfängen bis zur Erwerbung durch das Staatsarchiv kurz skizziert. Schon als junger Leutnant hatte der Freiherr Julius von Bohlen durch den Ankauf größerer Mengen staatlicher Akten in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Grundstock zu seinen bedeutenden Sammlungen gelegt, um dann durch eigene Forschungsarbeit, wie z. B. über die Familie Krassow und andere Geschlechter, und den Erwerb von Nachlässen ein umfangreiches genealogisches Material zusammenzutragen. Von dem Antiquar Stargardt in Berlin konnte er familiengeschichtliches Material aus dem Nachlaß des Malers Bagmihl ankaufen. Auch erwarb er wertvolle Teile der Steinbrückschen genealogischen Sammlungen. Durch seine enge Verbindung mit dem rügenschen Adel - z.B. der Familie Barnekow, Bagewitz usw. - und durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem kaiserlich russischen Staatsrat von Busse, dem westfälischen Minister von Wolffradt u.a.m. eröffneten sich ihm neue Quellen für seine sippenkundlichen Sammlungen.

Schon bald nach dem Tode von Bohlens wurde zwar die Hauptmasse seines Nachlasses dem Staatsarchiv im Jahre 1883 verkauft, doch blieben noch größere Reste im Besitz der Erben, die diese Bestände erst 1887, 1890, 1894 und 1900 an das Staatsarchiv veräußerten. Der größte Teil des familiengeschichtlichen Materials bildet heute eine Abteilung der Repositur 41 (Bohlensche Sammlung), doch sind auch einige Werke unter den Handschriften des Archivs (Rep.40) aufgestellt.

Außer größeren genealogischen Sammlungen, die meist aus Nachlässen stammen, wird im Staatsarchiv eine Anzahl von einzelnen Familiengeschichten, Stammtafeln usw. Aufbewahrt, die dem Forscher manches sippenkundliche Material zu bieten vermögen. Während einige dieser Bearbeitungen aus älterer Zeit stammen, so daß ihre Herkunft heute nicht mehr festgestellt werden kann, sind andere als Geschenke von Familien oder durch Ankauf ins Archiv gelangt.

Neben diesen archiveigenen Beständen, die ihren Platz in den Reposituren 39 und 40 (vgl. Besonders Rep. 40 IV: Stammbäume) gefunden haben, ist in Rep. 38 d eine Anzahl sippenkundlicher Sammlungen untergebracht, die dem Staatsarchiv als Deposita von einzelnen Familien übergeben wurden. Auch in den Akten mancher Behörden können sich noch gelegentlich genealogische Bearbeitungen finden. Da eine genaue Verzeichnung dieser kleineren Bestände den Rahmen des Aufsatzes sprengen würde, mag der kurze Hinweis auf die verschiedenen Gruppen familiengeschichtlicher Sammlungen und ihre Standorte hier genügen.

Eine Übersicht über die umfangreichsten und wichtigsten genealogischen Sammlungen und Nachlässe mit kurzen Angaben über ihre früheren Eigentümer und ihres Inhalts bilde den Abschluß dieses Aufsatzes:
 
1. Sammlung Adelung.    
  Johann Christoph Adelung, Professor in Erfurt, Oberbibliothekar in Dresden geb. 1732, gest. 1806.  
  Rep. 38 f Adelung: Genealogische Nachrichten und Stammtafeln von Adelsgeschlechtern (Eickstedt, Flemming, Güntersberg, Lepel, Liebeherr, Lüskow, v.d. Osten, Ramin, Schwerin, Wussow).  Nr. 59 bis 74 
    Vier Gelegenheitschriften von bürgerlichen Familien, Nr. 74 a bis 77.
  Rep. 40: Materialsammlung zur Geschichte der Familien von Wussow und von Ramin. I Nr. 47 und III Nr. 1.
       
2. Sammlung Bagmihl. (Angekauft 1858)  
  J.T. Bagmihl, Maler und Zeichenlehrer zu Stettin  
  Rep. 40: Materialsammlungen zur Geschichte des pommerschen Adels und Genealogien einzelner Familien (Borcke, Flemming, Sydow, Zitzewitz). III Nr. 2 bis 6, 25, 31. IV Nr. 2, 10,12.
       
3. Sammlung von Bohlen.    
  Julius Freiherr von Bohlen auf Bohlendorf und Streu, Inhaber mehrerer hoher Ämter der vorpommerschen Ritterschaft, geb. 1820, gest. 1882.  
  Rep. 41: Materialsammlungen, Stammtafeln usw. von zahlreichen vorpommerschen, meist adligen Familien. Nr. 1214 bis 1462. 
    Wappensammlungen von fürstlichen und adligen Geschlechtern Nr. 1495 bis 1496
  Rep. 40: Adelsspiegel von Vorpommern von Elzow (gest. 1698). (Original)  III Nr. 75.
    Genealogische Nachrichten über die Familien von Ahnen und von Gagern.. III Nr. 104, 136, 137
       
4. Sammlung von Engelbrecht.    
  Hermann Heinrich von Engelbrecht, Vizepräsident des schwedischen Tribunals, gest. 1760.  
  Rep. 40: Genealogische Nachrichten von den Adelsfamilien: Putbus, Schwerin, Behr, Hobe, Lepel. VI Nr. 43.
       
5. Sammlung von Köller.    
  Ernst Matthias von Köller. Staatsminister, geb. 1841, gest. 1928.  
  Rep. 42 Köller: 171 Adelsgeschlechter (Stammtafeln, gesammelte Nachrichten usw.)   
    Drei Bände fürstliche Genealogien.).  
    Ein Band Kolberger Geschlechter (1929 aus dem von Köllerschen Nachlaß übernommen).  
  Rep. 40: 11 Stammtafeln von Adelsgeschlechtern (Köller, Brockhusen, Österling, Plötz, Waldow, Knuth, Carnitz, Brüsewitz, Blankenburg, Podewils, Hindenburg) (1911-1919 durch von Köller geschenkt). IV Nr. 15, 26 bis 34, 36.
       
6. Sammlung von Löper.    
  Johann Georg von Löper zu Stramehl, Generallandschaftsrat, geb. 1750, gest. 1820.  
  Rep. 38 f Löper: Materialsammlungen zur Geschichte einiger adliger und bürgerlicher Familien.. Nr. 194 bis 204
    Wappensammlung des rügenschen und pommerschen Adels. Nr. 196
       
7. Sammlung Steinbrück.    
  1. Joachim Bernhard Steinbrück, Pastor an der Peter-Paulkirche zu Stettin, geb. 1725, gest. 1789.  
  2. Johann Joachim Steinbrück, Pastor an der Peter-Paulkirche zu Stettin, geb. 1760, gest. 1841  
  Rep. 38 f I a. Folio: 147 Adelsfamilien (genealogische Nachrichten). Nr. 83.
    Adelsspiegel. Nr. 83 a.
    Stettiner Ratsspiegel. Nr. 83 c. 
    Stettiner Bedientenspiegel. Nr. 83 d.
    Bürgerliche Genealogien (2 Bände). Nr. 83 h,
    Genealogien deutscher Fürsten. Nr. 83 i.
  Rep. 40: Ältere pommersche Adelsgeschichte. III Nr. 16.
    Vasallentabellen des pommerschen Adels (1658-1787). III Nr. 24.
    Gesammelte Nachrichten über den pommerschen Adel. III Nr. 35 und I Nr. 65. 
    Geschichten und Stammtafeln adliger Familien (Eberstein, Wussow, Kleist, Schwerin). III Nr. 102, IV Nr. 6 und 16.
       
8.. Sammlung Wachse    
  Johann Friedrich Wachse, Pastor an der Heiligengeistkirche und dem Dom zu Kolberg, geb. 1714, gest. 1773.  
  Rep. 38 Hs. Kreisausschuß Kolberg-Körlin: Stammtafeln Kolberger, Treptower und Greifenberger Familien . Nr. 2
  Rep. 66 Kreisausschuß Köslin: Verschiedene genealogische Sammlungen. Nr. 502 bis 602.
    Insbesondere: Genealogische Tabellen Nr. 527.
    Kolberger Leichenpredigten. Nr. 545. 
    Akten und Nachrichten zur Geschichte einzelner adliger und bürgerlicher Familien aus Kolberg und Umgebung. Nr. 577 bis 591 d.
       
9. Sammlung Wehrmann.    
  Martin Wehrmann, Oberlehrer am Marienstiftsgymnasium zu Stettin, Direktor des Gymnasiums zu Greifenberg, Direktor des Gymnasiums zu Stargard, geb. 1861, gest. 1937.  
  Rep. 38 f Wehrmann : Personengeschichtliches Material aus Pommern und Mitgliederverzeichnisse des Stettiner Pädagogiums. Genealogie des Herzogshauses. Nr. 52 bis 78.
       
10. Sammlung Werbener Leichenpredigten.    
  Rep. 40: Handschriftliche Leichenpredigten aus dem 18. und 19. Jahrhundert aus Werben und Groß Schönfeld (Kreis Pyritz). Hierzu alphabetisches Namensregister.

(Vgl. U. Retzow, Stammreihen aus Werbener und Groß Schönfelder Leichenpredigten, Pyritz 1936.)

III Nr. 180. 
       
11. Sammlung Zitelmann. Kriminalrat und Landessyndikus in Stettin, geb. 1762, gest. 1822.  
  Rep. 42 Zitelmann. Materialsammlungen zur Geschichte von 69 adligen Familien mit zahlreichen Stammtafeln  


Bereitgestellt von: Studienstelle Ostdeutsche Genealogie (insbes. Pommern und Pommerellen)
der Forschungsstelle Ostmitteleuropa an der Universität Dortmund


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